19. März 19
Neuausrichtung eines Sicherheitsdienstleisters
Eine Situation, die wir sicherlich alle schon einmal erlebt haben: ein intensiver Arbeitstag, ein wenig erschöpft stehen wir in der langen Schlange vor dem Security-Schalter am Flughafen. Die Begeisterung hält sich in Grenzen. Eigentlich beginnt jetzt das Boarding. Ärger, vielleicht auch Panik macht sich breit! Warum muss das heute so lange dauern? Können die das nicht besser organisieren?
Wir erleben den Security Check als Passagiere. Wir wollen unser Flugzeug erreichen und sicher ans Ziel kommen. Die komplexe Organisation hinter den Kulissen kennen wir nicht und ist uns eigentlich egal, schließlich ist das die Aufgabe anderer ...
Genau hier beginnt das Projekt bei unserem Kunden FraSec.
FraSec Fraport Security Services GmbH mit Hauptsitz in Frankfurt am Main ist einer von Deutschlands größten Dienstleistern im Bereich Luft- und Flughafensicherheit. Mit über 4.000 Beschäftigten entwickelt sich das namhafte Sicherheitsunternehmen stetig weiter. So ist FraSec auch an den Flughafen Stuttgart, Berlin und Köln in unterschiedlichen Gewerken tätig.
Die Problemstellung ist strenggenommen auf alle Flughäfen übertragbar und steht für die Situation der gesamten Branche: zu lange Wartezeiten an Flughäfen. Ein Ärgernis für alle Beteiligten. Generell ist der Prozess des Security Checks bundespolizeilich streng reglementiert, eine Veränderung der operativen Verfahren durch die Dienstleister ist deshalb auch kaum möglich. Darüber hinaus ist die Aufgabe personalintensiv - jede Kontrollspur ist mit sechs ausgebildeten und zugelassenen Luftsicherheitsassistenten zu besetzen. Leider fehlen in diesen Zeiten der quasi Vollbeschäftigung tausende Arbeitskräfte in der Security Branche. So bleibt als Hebel zur Verbesserung nur die Optimierung der Organisation.
Vom traditionellen Fachbereich hin zur eigenständigen Station mit Ergebnisverantwortung
Die bisherige Struktur war die von traditionell organisierten Fachbereichen. Klassisch nach Kompetenzen organisiert, mit einer Konzentration der Führungsaufgaben an der Spitze der Hierarchie und langen Kommunikationswegen. Nicht alles war schlecht, aber die Performance entsprach nicht den Erwartungen der Stakeholder. Unerwünschter Nebeneffekt: Die Verantwortung wanderte im Laufe der Zeit immer mehr nach oben. Anstatt einer Dienstleistungskultur hatte sich eine Top-down Kultur entwickelt.
Als Alternative wurde ein Stationen Modell gewählt und der Fokus auf mehr Eigenständigkeit und Ergebnisverantwortung gelegt. Vom Charakter her einem Center mit Profit & Loss Verantwortung ähnlich.
Sämtliche operativen Aufgaben wurden nach den unterschiedlichen Vorgaben des Luftsicherheitsgesetzes § 5, 8 oder 9 sowie nach Regionalität (Stadt oder Terminal) auf verschiedene "eigenständige und ergebnisverantwortliche Stationen" dezentral aufgeteilt. In jeder Station wurden alle operativ relevanten Funktionen implementiert. Alle übergreifenden und unterstützenden Funktionen, wie z.B. Controlling, Marketing oder Personal wurden in Zentralbereichen gebündelt.
Mit dem Strukturwandel stiegen Verantwortung und Identifikation!
Durch die Umorganisation rückten die operativen Aufgaben stärker in den Mittelpunkt. Die Stationen wurden zum Herzen der neuen Organisation und übernahmen die erforderliche Treiberrolle. Gemessen wurden sie an der Erfüllung der Anforderungen der Luftsicherheit, der Kundenzufriedenheit, der Mitarbeiterzufriedenheit und an ihren wirtschaftlichen Zielen.
Alle Führungskräfte in einer Station wurden verantwortlich für das Erreichen der operativen Kennzahlen. Sie konnten deren Entstehung beobachten und beeinflussen. Sie kamen dem operativen Geschehen näher als früher und "fühlten sich jetzt verantwortlich". Gefühle, die sich mit entsprechendem Coaching positiv auf das eigene Verhalten und damit auf die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit auswirkten.
Auch die übergreifenden Funktionen wie Personal, IT oder Controlling mussten umdenken und neben ihren unternehmerischen Aufgaben noch stärker die Rolle von Support-Funktionen übernehmen. Keine leichte Veränderung, aber ein sehr wirkungsvoller Hebel, mit dem Entscheidungsprozesse eindrucksvoll beschleunigt wurden.
Einen weiteren wesentlichen Baustein in der neuen Struktur stellte das Zentrale Schulungszentrum dar. Durch die Bündelung von Know-how und Aufgaben konnte die Ausbildung mittlerweile neu konzipiert und professionalisiert werden.
Grundlegend neu definiert wurden sämtliche Vertriebs- und Vermarktungstätigkeiten. Hierzu wurde ein Zentralbereich Business Development, Marketing und Vertrieb auf Bereichsleitungsebene etabliert, in dem sowohl die externe Darstellung des Unternehmens, vor allem aber auch alle internen Kommunikationsthemen gebündelt wurden. Angesichts der teilweise kulturverändernden Maßnahmen war dies eines der wichtigsten Instrumente, um die Veränderung in die Mannschaft zu transportieren.
Die neue Aufstellung ermöglichte insgesamt ein Wachstum des Unternehmens ohne dabei eine Veränderung der Grundstruktur zu verlangen. Neue Stationen oder andere Standorte konnten organisatorisch leicht eingefügt werden, ohne dabei das grundlegende Setup verändern zu müssen. Ein wesentlicher Pluspunkt in einem Markt, in dem alljährlich Security Dienstleistungen an mehreren Flughäfen neu ausgeschrieben werden.
Kulturveränderung - Vielleicht ist die Behauptung übertrieben, dass die Struktur und Steuerungssystematik die neue Kultur prägten. Auch wenn kein aufwendiges Culture Change Programm notwendig war, diese Strukturentscheidungen und die neue Steuerungsmethodik forderten, zwangen oder ermöglichten Führungskräften und Mitarbeitern dennoch ein neues, ein anderes Dienstleistungsverhalten.
Einfach umzusetzen?
In den Stationen übernahmen die leitenden Führungskräfte schneller als erwartet die Verantwortung. Das Beziehungsgefüge sowohl vertikal wie auch horizontal erlebte einen dynamischen, wenn auch nicht immer einfachen Anpassungsprozess.
Im Vergleich dazu dauerte die Entwicklung von detaillierten KPIs zur Steuerung deutlich länger als gewünscht, weil das ERP-System nicht auf kleine unternehmerische Einheiten ausgerichtet war. Als dies möglich war, zeigte sich die Wirkungskraft in der Kombination von Strukturveränderung und einer dazu passenden Steuerungssystematik.
Mehr als deutlich wurde im Laufe des Prozesses, dass der Faktor Mensch als wesentliches Produktionsmittel den Schlüsselfaktor in diesem Dienstleistungsgeschäft darstellt. Insofern war es kaum verwunderlich, dass dem Personalbereich die meiste Aufmerksamkeit geschenkt wurde, der zudem den Druck aller Interessengruppen aushalten musste.
Keineswegs selbstverständlich ist bei einer solchen Neuorientierung, dass alle Beteiligten stets an einem Strang und in die gleiche Richtung ziehen. Durch viele persönliche Gespräche und regelmäßige Off-Site-Workshops gelang es, anfängliche Silo-Denkansätze zu minimieren und ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln.
Hat sich das Investment gelohnt?
Das obige Bild - wenige Passagiere vor dem Security Check, Sonnenschein und viel Platz - ist zugegebenermaßen gegenwärtig noch mehr Wunsch als Realität. Denn jede Strukturveränderung bringt nicht nur einschneidende Veränderungen für eine Organisation mit sich, sondern benötigt auch Zeit, um Wirksamkeit zu entfalten. Während sich die größeren Stationen aktuell noch in den letzten Zügen der Umsetzung befinden, zeichnen sich die Erfolge vor allem in den kleineren Stationen bereits ab. Hier wurde in allen Ergebniskategorien der Zielkorridor erreicht.
»Wir haben in den vergangenen Monaten sehr intensiv im Team gearbeitet. Wirksam war dabei nicht alleine die Strukturentscheidung, sondern vor allem auch die Kombination von Steuerungssystematik und Personalführung. Wir sind sicher, dass wir mit unserem Invest die wesentlichen strukturellen Voraussetzungen geschaffen haben und noch viel mehr erreichen können«, so das Resümee der Geschäftsführung der FraSec.