19. März 19
Strategieentwicklung im öffentlichen Dienst – Besonderheiten, Entwicklungen und Erfolgsfaktoren
Strategieentwicklung gilt seit vielen Jahren als besonders wirksames und bewährtes Führungs- und Steuerungstool und erlebt aktuell in Zeiten erhöhter Unsicherheit einen neuen Aufschwung. Gerade der digitale Wandel fordert viele Organisationen hinsichtlich der Sicherung ihrer Zukunftsfähigkeit, aber auch bei der Überprüfung der strategischen Ausrichtung. Dr. Nina Haas hat DI Maria Patek, MBA Leiterin der Sektion für Forstwirtschaft und Nachhaltigkeit im österreichischen Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus nach ihren Erfahrungen mit Strategieentwicklung im öffentlichen Dienst gefragt.
Inwieweit ist Strategieentwicklung aus Ihrer Sicht auch im öffentlichen Dienst notwendig, der sich ja doch in einem sehr engen Rahmen bewegt? Welchen Nutzen kann Strategieentwicklung hier allenfalls entfalten?
Maria Patek: Ich sehe Strategieentwicklung als besonders kraftvolles Führungsinstrument. Mit ihrer Hilfe gelingt die so wichtige gemeinsame Verständigung darüber, was wir tun und wo es hingehen soll. Gerade in Kontexten der öffentlichen Verwaltung glaubt man ja häufig, dass der Gestaltungsspielraum in einem recht engen rechtlichen und politischen Rahmen sehr beschränkt sei. Das Risiko ist groß, in die Opferrolle zu geraten und die Möglichkeiten zur Gestaltung zu übersehen – hier in eine aktive, gestaltende Rolle zu kommen, ist womöglich der größte Nutzen von strukturierter gemeinsamer Strategiearbeit im öffentlichen Dienst.
Strategieentwicklung als gemeinschaftliche Führungsaufgabe bietet jedenfalls auch im öffentlichen Dienst mehrfachen Nutzen: Schaffung gemeinsamer Bilder zur Zukunftsorientierung, Unterstützung bei Prioritätensetzung und Orientierung in unklaren Entscheidungskontexten.
Welche persönlichen Erfahrungen als Führungskraft haben Sie mit Strategieentwicklungsprozessen gemacht?
Maria Patek: Kein Entwicklungsprozess ist wie der andere. Und auch die Prozesse und Methoden in der Strategieentwicklung verändern sich und passen sich neuen Gegebenheiten an. In meiner Laufbahn hat jeder Strategieentwicklungsprozess auf seine Weise Nutzen gestiftet und deutlich zur Orientierung und langfristigen Ausrichtung der jeweiligen Bereiche beigetragen. Manche jener Bereiche, in denen ich in meiner Karriere tätig war, gäbe es vielleicht heute ohne die strategischen Ausrichtungen und die konsequente Umsetzung nicht mehr.
Was sind die wesentlichen Erfolgsfaktoren für das Gelingen von Strategiearbeit aus Ihrer Sicht?
Maria Patek: Die größte Kraft entfalten Strategien, wenn es schließlich in die Umsetzung der gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse geht. Da wird der Nutzen für alle sichtbar und die Vorteile der langfristigen Ausrichtung als Orientierungsrahmen werden greifbar. Damit das gelingt, muss konsequent an der Entwicklung und dann an der Umsetzung gearbeitet werden! Nimmt man Führungsarbeit ernst, gilt es auch Strategieentwicklung ernst zu nehmen und sich kontinuierlich damit zu befassen.
Wie hat sich in den letzten Jahren aus Ihrer Sicht der Betrachtungshorizont für strategische Zielbilder verändert? Kommen langfristige Strategien aus der Mode? Wie oft macht es aus Ihrer Sicht Sinn, aus dem operativen Fluss aufzutauchen und sich um Strategieentwicklung zu kümmern?
Maria Patek: Da hat es in den letzten Jahren tatsächlich massive Veränderungen gegeben. Früher hatten wir viel längere Intervalle in der Arbeit. Für uns sind langfristige Betrachtungsweisen immer noch notwendig, in der Umsetzung müssen wir aber deutlich kurzfristiger agieren. Aufgrund der schnellen Umfeldentwicklungen sind viel öfter kritische Blicke auf die Strategie notwendig … ich versuche, die Strategie im Rahmen meiner Führungsarbeit wirklich laufend im Blick zu haben und zwischen den großen Ausrichtungen immer wieder kleine Überprüfungsschleifen einzulegen. Das erlaubt auch ein schnelleres Nachsteuern im Rahmen der Strategie.
Kernthema für Organisationen bei der Strategieentwicklung ist die Sicherung des „Überlebens“ der Organisation, die langfristige Zukunftsfähigkeit? Wie ist das aus Ihrer Sicht im öffentlichen Dienst?
Maria Patek: Es geht auch bei uns um das Sichern des Überlebens … unsere Einflussfaktoren sind jedoch andere. In der Privatwirtschaft steht häufig im Vordergrund, dass Geld erwirtschaftet werden muss. Nach unserem Selbstverständnis arbeiten wir für die Allgemeinheit – unsere Aufgabe, unser Purpose ist, die Stabilität im Staat sicherzustellen, durch unseren Dienst an der Allgemeinheit letztendlich für soziale Ruhe und Ordnung zu sorgen. Um das gut zu machen, müssen wir auch immer wieder unsere Schwerpunkte und Stoßrichtungen überprüfen und an aktuelle, langfristige Entwicklungen anpassen bzw. teilweise auch Entwicklungen unsererseits vorantreiben.
Vielen Dank für das interessante Gespräch.