01. Oktober 19
Agilität und Selbstorganisation - und alles wird wieder gut?
Diese noch gestern weit verbreitete Hoffnung ist der kühlen Ernüchterung gewichen, dass Organisationen bei jedem einzelnen relevanten Thema zielgerichtet - und vor allem der vorherrschenden Komplexität entsprechend - abwägen müssen, ob eine Bearbeitung mit oder ohne agile Methoden angezeigt ist.
Dass die dramatischen Veränderungen durch die Vierte Industrielle Revolution Auswirkungen auf viele Arbeits- und Lebensbereiche und damit fast alle Branchen haben und noch lange haben werden, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Vor allem die ungewohnt hohe Geschwindigkeit der Entwicklungen stellt Organisationen vor besondere Herausforderungen. Schließlich gilt es nicht nur das bestehende Geschäft voranzutreiben und zu sichern, sondern auch gleichzeitig ein günstiges Umfeld für Innovation zu schaffen, um laufend neue oder zumindest radikal verbesserte, auf jeden Fall aber konkurrenz- und zukunftsfähige Produkte und Geschäftsmodelle zu entwickeln. Agilität galt lange als DAS Patentrezept, um diesen Spagat zu schaffen.
Ohne Führung geht es nicht
Agilität als Methode ist zu voraussetzungsvoll, als dass man sie durch die Abhaltung von ein paar "Design-Thinking-Workshops" implementieren könnte. Sich Agilität als Label "umzuhängen" bedarf einer genauen Analyse, äußerst robuster und zukunftsgerichteter Entscheidungen, eines gemeinsamen Mindsets und viel spezielles Know-hows, damit sich die Kraft gut entfalten kann. Und genau hier kommen wir zu dem weit verbreiteten Irrtum, Agilität funktioniere selbstorganisiert und brauche keine Führung mehr.
In der Praxis zeigt sich, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Führung ist mehr denn je gefordert, die vielfältigen Anforderungen zu orchestrieren, das Zusammenspiel zwischen klassischen Vorgehensweisen und agilen Elementen sicherzustellen und vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die andere Art des Arbeitens vorzubereiten. Im Besonderen entsteht beim Entwickeln neuer moderner Anreizsysteme, beim Etablieren einer zukunftsfähigen Fehlerkultur und der Verbindung von bewährten Methoden und bewussten agilen Bereichen in derselben Organisation ein hoher Bedarf an Steuerung. Das bedeutet, dass Führung keineswegs obsolet wird. Erfolgreiche Führungskräfte stehen nicht vor ihrer baldigen Ablöse sondern vielmehr vor kritischen Bewährungsproben und neuen Herausforderungen.
Zu diesen verschiedenen Aspekten von Agilität und Führung wollen wir Ihnen in diesem Newsletter einerseits Einblick in die Praxis Systemischer Organisationsberatung und andererseits in unsere Forschungsarbeit gewähren und freuen uns auf Ihr geschätztes Interesse.