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17. Mai 16

Die Rollen der Change-Beratung und ihre Wirksamkeit

Eine wesentliche Frage in jedem Change-Contracting ist die Rolle der Change-Beratung und ihr Zusammenspiel mit dem verantwortlichen Führungs-und Projektsystem. Um die aktuellen Praxisvarianten leichter unterscheiden zu können, haben wir diese anhand von zwei Dimensionen kategorisiert: Dem Grad des Involviert-Seins der Berater in der Umsetzung einerseits und dem Interventionsfokus andererseits. Das Involvement macht sich an der Frage fest, inwieweit die Beratung operatives Change Management betreibt oder ob diese vor allem eine reflexive Haltung mit engagierter Distanz einnimmt. Beim Interventionsfokus unterscheiden wir zwischen einer Personenorientierung und einem Fokus auf das Führungssystem. Durch diese Differenzierung erhalten wir vier Rollenprofile:

1. Die Change-Beratung als Organisations- und Kommunikationsprofi im Projekt

Durch die zunehmende Verknappung interner Ressourcen wächst der Wunsch an das Beratersystem, eine starke operative Rolle zu spielen. Mit Fokus auf die Umsetzungsplanung und die Sicherstellung der Veränderungsakzeptanz von Personen entstehen hier Dienstleistungen unterschiedlicher Fertigungstiefe, wie die Entwicklung und Umsetzung von Kommunikationsplänen, ein Transition-Management auf der Personenebene im engen Zusammenspiel mit der internen HR-Funktion sowie ein RollOut -und Meilenstein-Controlling aller Change-"Lieferobjekte". Dies schafft im Projekt zwar viel operative Arbeit weg, lässt aber auch einige Probleme erwarten:

Die größten Risiken für die Wirksamkeit

  • Unflexibler Planungsdeterminismus
  • Einseitiger Fokus auf operative Unterstützung
  • Fehlende Reflexionsmöglichkeiten mit den eigentlichen Change-Stakeholdern

 

2. Die Change-Beratung als Treiber und interne Politikberatung der Stakeholder auf der Führungsebene

Auf der Ebene des verantwortlichen Führungssystems wird eine vor allem auf das Change Management fokussierte Beratung zum Treiber der Change-Themen gegenüber den Führungskräften. Ihr Gegenüber ist die Projektleitung und das Projektsystem. Die Beratung achtet auf die konsequente Einhaltung von Deadlines und übernimmt Verantwortung für Umsetzungsgrade zu definierten Zeitpunkten. Damit involviert sie sich auch implizit direkt in das politische System ihres Kunden und wird sowohl beratende als auch handelnde Partei.

Die größten Risiken für die Wirksamkeit

  • Entlastung der Linie von ihrer Change-Verantwortung
  • Überbetonung von Reportingroutinen
  • Fehlende Reflexion und Unterschätzung der tatsächlichen Zeitbedarfe für die Umsetzung (Organisationale Ermüdung wird nicht reflektiert)
  • Zu starke Verstrickung in die interne Politik

 

3. Die Change-Beratung als Trainer und Coach für zentrale interne Change-Rollen

Die Fitness der Person im Umgang mit komplexem Change wird immer mehr zu einer entscheidenden Herausforderung für die verantwortlichen Rollenträger. Eine Beratung, die sich eher als Trainings- und Coachinginstanz begreift, wird hier ansetzen. Sie bringt auf der Personenebene fundiertes Wissen über Veränderungsdynamiken ein und fördert die kompetente Reflexions- und Handlungsfähigkeit der zentralen Change Akteure. Die Wirksamkeit der Umsetzung wird dadurch ebenfalls noch nicht sichergestellt:

Die größten Risiken für die Wirksamkeit

  • Überschätzung der Bedeutung von Einzelakteuren im Kontext eingeschwungener organisationaler Muster
  • Fokussierung auf Change Leadership und Unterschätzung des operativen Change Managements
  • Einseitige Zuschreibung von Widerstandsphänomen auf die Personenseite und Missachtung ihres Informationspotenzials für das Gelingen der organisationalen Veränderung

 
4. Die Change-Beratung als kompetenter Sparringpartner für das verantwortliche Führungssystem

Versteht sich die Beratung als Reflexions- und Sparringpartner für das gesamte Führungssystem wird sie sowohl zum Sparringpartner für das Projekt als auch für das verantwortliche Management. Im Vordergrund stehen kreative und reflexive Interventionen, welche die verantwortlichen Akteure in ihrem Zusammenspiel ertüchtigen und dadurch zu kollektiver Reflexions- und Handlungsfähigkeit verhelfen sollen. Dabei wird immer auch die Entwicklung der Organisation als Ganzes in den Blick genommen. Ohne Zweifel würden wir in unserer Arbeit hier unseren Hauptfokus sehen, aber auch Risiken:

Die größten Risiken für die Wirksamkeit

  • Zu unregelmäßiger und distanzierter Blick auf das Change-Geschehen mit dem Risiko, dass sich Interventionen in der alltäglichen Change-Praxis der Akteure schnell wieder verflüchtigen.
  • Die Sparringfunktion setzt unter Umständen bereits viel vorhandene Kompetenz im Führungssystem voraus, um die eigene Rolle einschätzen zu können und diese Sparringchance überhaupt zielgerichtet nutzen zu können. Diese muss erft entwickelt werden.
  • Spaltung zwischen fundierter Reflexion im Führungssystem und linearer Umsetzungsphilosophie, wenn zwei Beratungsfirmen parallel Gestaltung und Umsetzung des Change verantworten


Was heißt das jetzt für die Wirksamkeit von Change-Beratung?

Wirksamkeit entsteht auf der Beraterseite vor allem dann, wenn die Instanzen zur Unterstützung des Doing und des Reflecting nicht gegeneinander, sondern eng vernetzt miteinander arbeiten. Ohne eine Orientierung an der Gesamtentwicklung der Organisation und ihres Führungssystems wird ein umfassendes Change-Vorhaben immer defizitär bleiben, weil dysfunktionale Muster nicht reflektiert und verändert werden können. Andererseits zeigen sich Wirkungen besonders schnell in der operativen Umsetzung. Nur wenn hier auch direkt angesetzt werden kann, lassen sich realistische Umsetzungsschritte definierten und wirksam implementieren.

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