02. Februar 16
Ist Ihr Change eigentlich agil genug?
In der Consulting-Community wird aktuell noch viel über die Fragen der agilen Organisation ihre Entwicklungsmöglichkeiten diskutiert. Dabei geraten häufig alle Konstrukte munter durcheinander: Organisationale Agilität, agile Managementmethoden, Lean-StartUp, agiles Projektmanagement, agile Manufacturing …
An dieser Stelle möchte ich mich auf den "Sonderfall" des agilen Change-Managements konzentrieren. Darunter wird meist die Unterstützung von Change Management-Initiativen durch ein Methodenrepertoire in Anlehnung an Lean- und agilen Projektmanagementmethoden verstanden. So beschreibt etwa Jason Little seinen Lean Management Cycle (siehe Grafik) als aktiven Prozess der Co-Creation, der sich durch die Verschleifung von Entwicklungsschleifen entwickelt. Eine Eingangsdiagnostik (Insights) sichert dabei ein gemeinsames Verständnis der Ausgangslage ("Understand, what makes your organization tick"), daraufhin werden Optionen für Change-Maßnahmen entwickelt, die wiederum in experimentellen Designs auf ihre Wirksamkeit überprüft und umgesetzt werden. Dies alles geschieht in einem möglichst offenen und transparenten Prozess, der darauf angelegt ist, immer wieder frische Resonanzen einzuspeisen und die angedachten Maßnahmen zu überprüfen und zu modifizieren.
Die zentrale Botschaft ist hier neben der Co-Kreation vor allem die eindeutige Abkehr vom Planungsdeterminismus. Anstelle der Illusion einer Planbarkeit von Change-Initiativen tritt der Feedback-Loop und ein iteratives Vorgehen, das an die Logik des Lean StartUp-Gedankens "Build-Measure-Learn" von Eric Ries anknüpft.
Wendet man diese Prämisse allerdings auf die Methodik des Lean-Change-Ansatzes selbst an, wird natürlich auch klar, dass man einen agilen Change ebenso wenig planvoll herstellen kann, wie andere strategischen Change-Initiativen auch.
Offen bleibt auch die Frage, in wie weit sich das verantwortliche Management vor allem in größeren und administrativ geprägten Organisationen auf diese Logik und die dahinterliegende Haltung einlassen kann? Hier erleben wir in unserer Praxis häufig immer noch einen starken Wunsch nach ausgefeilter und differenzierter Prozessarchitektur. Auch wenn alle wissen, dass die Veränderung schließlich ihren eigenen Weg finden muss.
Am Ende ist die Anwendung jeglicher Change-Methodik in einer Organisation vor allem eines:
Ein Experiment mit ungewissem Ausgang!
Durch einen integrierten und verantwortungsvollen Umgang mit den inhaltlichen Fragen des Change, seiner Choreorafie und einer kreativen Führung der Kollaboration aller Akteure auf dem Weg, werden die Chancen auf das Eintreten der intendierten Change-Wirkungen jedoch höher. Change Navigator (PDF)
Es gibt aber keine eindeutigen "Vor Agilitäts“- oder "Nach-Agilitäts“-Zustände in Organisationen. Ein Unternehmen muss also einerseits in seiner Wahrnehmungsfähigkeit und seinem Handeln schon ziemlich agil aufgestellt, aber andererseits auch immer wieder in der Lage gewesen sein, ausreichend Stabilität zu erzeugen, um überhaupt noch zu existieren!
Die große Chance, die nun die Agile/Lean Change-Ansätze mit sich bringen, ist die Neuentdeckung oder Wiedereinführung des planungsvollen Experimentierens in die Change-Umsetzung und Unternehmensentwicklung (übrigens in bester Tradition zu den früheren Ansätzen der Aktionsforschung). Ebenso attraktiv ist die vorausschauende und lustvolle Haltung zur gemeinsamen Lösungsentwicklung, sowie die Dinge möglichst schnell auszuprobieren und sich nicht auf mögliche Widerstandsphänomene und ihre Überwindung zu konzentrieren.
Literatur:
Jason Little: “Lean Change-Management – Innovative Practices for managing organizational change“, HMExpress, 2014