27. Februar 18
Leadership Development: global vernetzt, strategieorientiert Originaltöne aus der Praxis
Wozu ein internationales Leadership Development Programm?
Unternehmen initiieren meist dann ein internationales Leadership Development Programm, wenn die aktuelle Unternehmensentwicklung ein verstärktes Zusammenspiel und eine gemeinsam getragene Verantwortung im gesamten Führungssystem erfordert. Dafür ist es hilfreich, eine gemeinsame Sprache zu den wichtigsten Führungsherausforderungen, gemeinsame Herangehensweisen und eine dazu passende Führungskultur zu entwickeln.
Was sind die besonderen Herausforderungen?
Damit ein internationales Leadership Development seine volle Wirkung entfalten kann, müssen spezielle Herausforderungen gemeistert werden. Einige seien hier beispielhaft angeführt:
- Die Führungsherausforderungen der einzelnen Regionen und das international notwendige Führungszusammenspiel erfassen und entscheiden, welche Führungs-Bewegung den stärksten zukunftssichernden Businessimpact hat.
- Dazu passend definieren, worauf es hinsichtlich Führungskultur, Sprache und Modelle aktuell tatsächlich ankommt. Globale Tools müssen ausgewählt und Modelllandschaften entwickelt werden.
- Gleichzeitig müssen die Spezifika der Regionen bzw. Ländermärkte berücksichtigt werden, um gezielt auf die regionalen Businessherausforderungen eingehen zu können. Dies gilt insbesondere für Corporate Programme mit globaler Ausrollung, damit diese auch in dezentralen Organisationseinheiten wirksam, attraktiv erlebt und aktiv genutzt werden können.
- Die gemeinsame Verständnis-Klammer global stärken, um die unvermeidlich auftretenden Zielkonflikte klug und rasch verhandeln zu können.
- Die im Programm etablierten Impulse zu neuen Vernetzungen und Kooperationen im Führungsalltag nachhaltig verankern.
Was bedeutet es, ein solches Programm als Beratungsunternehmen zu begleiten?
- Ein gelungenes Zusammenspiel zwischen den Akteuren und Entscheidern im Headquarter und in den Regionen (regionales Topmanagement und HR) zu fördern, sodass die richtigen Themen im Programm bearbeitet werden. Gleichzeitig müssen im Gegenzug die Ergebnisse, Fragestellungen und diagnostizierten Baustellen der Unternehmensentwicklung aus dem Programm heraus in die Organisation rückgekoppelt werden.
- Den internationalen Beraterinnen/Berater/Trainerinnen- bzw. Trainer-Staff aufbauen und orchestrieren.
- Programme in ihrer jeweiligen kulturspezifischen Ausprägung gestalten.
- Die bereits existierenden Lern- und Innovationsideen der Organisation zur Entwicklung des Führungssystems berücksichtigen und Synergien mit dem LDP nutzbar machen.
Aus der Beratungspraxis
Wir möchten hier von 3 unserer aktuellen, großen internationalen bzw. weltweiten Programme berichten, in denen die oben beschriebenen Herausforderungen erfolgreich gemanagt werden und somit zum Unternehmenserfolg beitragen.
- Globales führungsebenenspezifisches Programm eines Großunternehmens (30.000 Mitarbeiter; etwa 6 Mia. EUR Umsatz); Rollout in den Regionen EU, USA, Asien, in den letzten 3 Jahren. Zielgruppe: 1.500 Führungskräfte.
- Globales Programm eines Produktionsunternehmens (17.000 Mitarbeiter, 3,4 Mia EUR Umsatz); Rollout in den Regionen Europa, Mexiko, Süd- und Zentralamerika, USA. Zielgruppe: das gesamte Top-Management weltweit sowie die mittlere Führungsebene und lokale Führungsteams. Insg. etwa 400 Führungskräfte.
- Internationales Programm für ein Familienunternehmen der Medizintechnik (3.500 Mitarbeiter, 700 Mio. EUR Umsatz, Niederlassungen in 25 Ländern weltweit).
Christiane Müller hat die osb-i Projektleiterinnen Margit Oswald und Nina Haas über ihre Erfahrungen befragt:
Margit Oswald und Nina Haas
Christiane Müller: Nahe am Businessalltag mit den konkreten Führungsherausforderungen dran zu sein und mit der Organisationsentwicklung zu verzahnen ist ja unser osb-Print, der alle unsere Leadership Development Programme prägt. Was ist denn nun das Besondere an diesen Programmen, wenn man ausschließlich auf die internationale Dimension blickt?
Margit Oswald: Da ist zunächst die Komplexität der Fragestellungen, weil die aktuellen Business Themen doch aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden, also corporate, regional und funktional. Eine zusätzliche Herausforderung ist das Staffing. Wie gelingt es, in Weltregionen wie z.B. APAC ein Trainerteam zusammenzustellen und für das Programm fit zu machen. Schließlich muss dieses einerseits anschlussfähig sein für unsere systemische Herangehensweise und die Denke des (deutschen) Mutterhauses, andererseits muss das Konzept aber auch auf die lokalen Bedingungen übersetzbar sein, wie z.B. auf die im asiatischen Raum angewandten Methoden oder die dortige Kultur des Lernens. Dasselbe gilt natürlich auch für andere Regionen, wie zum Beispiel die USA.
Nina Haas: Dazu kommt, dass die verschiedenen Regionen oft ganz unterschiedliche Führungsherausforderungen zu bewältigen haben. Wenn in den Programmen auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer regionsübergreifend gemischt zusammen kommen, ist es durchaus spannend, eine gute Balance in den Inhalten und Methoden zu finden, um alle gleichermaßen anzuregen, zu fordern und gemeinsames Lernen zu ermöglichen.
Christiane Müller: Wie gelingt da die internationale Staff-Abstimmung im Spannungsfeld „globales Rollout - regionale Spezifika“?
Margit Oswald: Dazu gibt es bei uns schon eine Lerngeschichte: dort wo wir mit einem rein lokalen Staff gearbeitet haben, war das letztlich nicht so anschlussfähig und erfolgreich. Deshalb sind wir zu einem Diversity Team übergegangen: eine ausgewogene Mischung aus lokalen und deutschstämmigen Trainerinnen und Trainern, die allerdings einen bikulturellen Background haben und in unserem Trainings- und Beratungsansatz sozialisiert worden sind. In einem „Train the Trainer“ Programm entstehen dann gemeinsame Ziele und Kompetenzen, das Programm durchzuführen plus eine Ideenvielfalt, wie die Diversität im Team für unsere Klientel optimal genutzt werden kann. Für dieses Teambuilding bin ich als Projektleiterin auch selbst in die Regionen geflogen, um das entsprechende Hintergrundwissen zur Verfügung zu stellen. Es ist auch wichtig, dass man in den Regionen regionale Lead-Trainer hat, die mit unserer Denke sehr vertraut sind, die Brücke zum Gesamtprojekt bilden und auch für neu hinzukommende Trainer als Anlaufstelle und Mentoren agieren.
Wir hatten anfangs unterschätzt, wie wichtig es ist, regelmäßig Abstimmungscalls zu haben und ab und an wirklich vor Ort zu sein. Es ist essentiell, mit den lokalen HR-Businesspartnern und HR-Leuten ständig im Austausch zu sein, da diesen unsere Implementierungslogik in der Regel fremd ist. Üblicherweise wird ein Skill-Training erwartet, bei dem es ausreicht, die Teilnehmer zu organisieren. Doch unsere Programme sind ja thematisch sehr eng um die aktuellen Business-Herausforderungen herum gebaut. Damit die Learnings am Seminar tatsächlich in der Organisation wirksam werden können, braucht es eine Verzahnung, die in die Organisation hineinwirkt. Wir sind davon ausgegangen, dass dafür gesorgt ist, aber das war nicht so, denn unsere HR Partner vor Ort hatten eigentlich noch gar keine Bilder, wie das gehen könnte und was das konkret heißt.
Nina Haas: Immer wieder zeigt sich, dass wir dann so richtig wirksam werden können, wenn wir auf Seiten der Organisationen kompetente Ansprechpartner haben, die sich mit uns im wahrsten Sinne des Wortes auf diese aufregende gemeinsame Entwicklungsreise begeben und die auch für das Programm kämpfen und einstehen. Sowohl im Headquarter als auch in den Regionen. Eine halbherzige Initiative funktioniert insbesondere auf globalem Level kaum. Ein gutes Zusammenspiel zwischen internen Beraterinnen und Beratern, HR-Business-Partnern, dem jeweiligen Top-Management und uns als externen Expertinnen und Experten ist daher sicher eines der Erfolgskriterien für Wirksamkeit.
Christiane Müller: Und die interkulturellen Unterschiede?
Margit Oswald: Wir berücksichtigen beispielsweise in der Lern-Methodik, dass viele Asiaten stärker bildhaft denken, also müssen wir auch viel bildhafter arbeiten, gute Storys erzählen, viel mehr mit Geschichten reingehen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwarten dann auch Entertainment, mehr Leichtfüßigkeit und Animation. Deswegen ist es gut, wenn man hier Kolleginnen und Kollegen hat, die schon viele Jahre in diesem Milieu leben und das einfach kennen und können. Auch in Amerika sind die Führungskräfte eine kürzere Taktung in der Bearbeitung der Themen gewöhnt und würden an unseren deutsch-österreichischen Reflexionsgewohnheiten verzweifeln.
Nina Haas: Wir hatten meist international bunt zusammengemixte Gruppen. Ich erlebe bzw. wir gestalten da in den meisten Programmen Spaß an der interkulturellen Zusammenarbeit – auch wenn diese immer wieder herausfordernd ist. Und ein neugieriger, wertschätzender Umgang mit den Besonderheiten ist noch immer eine große Bereicherung. Für uns und für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Eine gute Portion Humor und die Lust, auch mal über sich selbst zu lachen sind jedenfalls hilfreich.
Christiane Müller: Vielen Dank für das Gespräch!
Für weitere Fragen wenden Sie sich bitte an Margit Oswald, Dr. Nina Haas und Dr. Christiane Müller