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15. Dezember 20

Mindful Leadership

Führung in der Digitalen Transformation bedeutet nicht nur die Wandelherausforderungen auf der strategisch-kulturellen Seite zu gestalten. Es gilt auch, die Entwicklungsräume für die Mitarbeitenden zu eröffnen, die ein digitales Mindset, eine Innovationsorientierung und agile Formen der Kollaboration ermöglichen. Schließlich hängt der Erfolg bei der Nutzung der Chancen der Digitalen Transformation sehr stark davon ab, wie die Menschen in der Organisation mit den oft massiven Veränderungen auf den verschiedensten Ebenen umgehen und welche Haltung sie dazu entwickeln.

In den letzten Jahren ist die achtsame Selbstbeobachtung der eigenen Person erneut in den Fokus der Diskussion über notwendige Kompetenzprofile von Führungskräften geraten. Angetrieben wurde diese Entwicklung durch die Verbreitung von MBSR-Trainings nach dem Verständnis von Jon Kabat-Zinn (Kabat-Zinn, 2013, Shapiro & Carlson, 2009). Häufig initiiert von Führungskräften, die dafür eine persönliche Leidenschaft entwickelten und hier als Pioniere vorangegangen sind, haben einige Unternehmen mittlerweile damit begonnen, Räume für ihre Mitarbeitenden zu schaffen, die innere Einkehr und Refokussierung am Rande der Arbeitszeit aber eben auch im Betrieb möglich machen. Beispiele dafür sind die Audi AG, die hierfür zwischenzeitlich sogar einen Achtsamkeits-Beauftragten als Rolle etabliert hatte oder die Software-Entwickler von Maibaum & Wolf, die eine interne Achtsamkeits-Akademie aufgesetzt haben. Beides ohne Zweifel innovative Unternehmen mit hoher Bindungskraft für die Mitarbeitenden.

Achtsamkeit - ein "Gegentrend" zur Digitalisierung?

Wie auch immer man nun zu solchen Initiativen stehen mag, ihnen liegt in der Regel die Hypothese zugrunde, dass Achtsamkeit und Fokussierung noch mehr gebraucht würden als bisher und Multitasking in der Digitalen Transformation noch weniger praktikabel sei als bisher. Für Führungskräfte bedeutet dies: Wer in der heutigen komplexen Welt mit hohem Engagement sich selbst und Mitarbeiter*innen führt, braucht vor allem innere Stärke und Balance sowie eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Führungspersönlichkeit. Man könnte Achtsamkeit daher auch als einen personalen "Gegentrend" zur Digitalisierung verstehen, im Sinne von: "Du kannst die Welt als Führungskraft nicht immer verändern, aber Du kannst sie immerhin beobachten und lernen, auf den Wellen zu surfen".

Neben klassischen Coachingformaten haben wir für die Entwicklung dieser Kompetenzen gute Erfahrungen mit Leadership Development-Programmen gemacht, in denen ein Modul zum "Mindful Leadership" integriert wird. Dabei legen wir ein Achtsamkeits-Verständnis zu Grunde, wie es Deborah Rowland in ihrem Buch "Still Moving" beschrieben hat: "Werde ein stiller Beobachter deiner eigenen Impulse, jenseits vom Autopiloten. Und mache dir bewusst, in welchem evolutionären System du dich bewegst und wie du deine eigene Antwort bewusst steuern könntest, statt nur habituell zu reagieren (D. Rowland, "Still Moving", 2017).

Mindfulness als Führungskompetenz kann man trainieren

Führungskräfte mit Erfolg im Veränderungsmanagement einer Digitalen Transformation unterscheiden sich von anderen Führungskräften durch ihre Fähigkeit, diese Mindfulness in sich und anderen herzustellen und durch diese Form der Beobachtung mit der Zeit eine größere, interpretative Kompetenz zu entwickeln. Erfolgsfaktor dabei ist die Kombination von "Sein" und "Handeln". Instrumente dafür sind die Selbstbeobachtung im Hier-und-Jetzt ohne spontane Rückgriffe auf bisherige Erfahrungen und die achtsame Entschleunigung der Kopplung zwischen Erleben, Reaktion & Urteilsbildung.

Ein Trainingsmodul zu Mindful Leadership lädt darüber hinaus zur Selbstreflexion und zum Erweitern persönlicher Ressourcen ein. Ein solches Training wird von uns mit folgenden Inhalten aufgebaut:

  • Ein gemeinsames Verständnis zu Mindfulness wird durch Übungen und eine inhaltliche Abgrenzung hergestellt.
  • Die Teilnehmer*innen identifizieren anhand eines Mappings ihre persönlichen digitalen Stressoren, wie z.B. die Entwicklung neuer oder multipler beruflicher Identitäten, den Umgang mit den Erwartungen nach Omnipräsenz und permanenter Erreichbarkeit, die fortschreitende Entgrenzung von Berufs- und Privatleben und die Notwendigkeit, ein digitales Mindset zu entwickeln ohne genau sagen zu können, was das eigentlich sein könnte.
  • Auf Basis eines wissenschaftlich fundierten Potenzial Assessments (z.B. Hogan, Harrison, Karriereanker) werden die eigenen Potenziale und Risiken im Führungsverhalten sowie persönliche Werte und Antreiber identifiziert. Dafür werden intensive Trainer*innen Rückmeldungen und Peer-Interviews genutzt.
  • Alle Teilnehmenden entwickeln eigene Cases und Fragestellungen, am besten in Zusammenhang mit ihren individuellen Veränderungsinitiativen und reflektieren Beobachtungen und Lösungsoptionen mit ihren Peers auf Basis des vorab erarbeiteten Verständnisses von Mindful Leadership.
  • Übungen aus dem Repertoire der Achtsamkeitstrainings runden die Veranstaltungen ab.

Fazit

Wenn verantwortliche Führungskräfte oder Schlüsselrollen an ihrer Beobachtungs-/Urteils- und Konfrontationsfähigkeit arbeiten, so ist dies mehr denn je eine hilfreiche Unterstützung für organisationale Veränderung. Auf der Personenebene entsteht durch diese Selbstreflexionsfähigkeit eine solide Basis für eine vorausschauende Selbsterneuerung der verantworteten Organisationseinheit. Unsere teilnehmenden Führungskräfte empfinden dieses Modul häufig als persönliche Auszeit & Mini-Retreat in guter Kombination mit der Bearbeitung anstehender Führungsthemen.

Literatur

  • Kabat-Zinn, Jon: "Gesund durch Meditation", 2013
  • Rowland, Deborah: "Still Moving - How to lead to mindful change"; Wiley, Blackwell, 2017
  • Shapiro, S.L & Carlson, L.E: "The Art and science of mindfulness", American Psychological Association, Washington 2009

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