10. April 14
Synergie
„We must indeed all hang together, or, most assuredly, we shall all hang separately.“ Benjamin Franklin (1706-1790)
Es gibt vermutlich nicht viele Themen, die unter Managern so schnell zu Grundsatzdiskussionen und oft unversöhnlich nebeneinander stehenden Positionen führen, wie eine Diskussion über das „Heben“ von Synergien.
Auf der einen Seite scheint man überall über Konzepte verbesserter Kooperation („Alignment“), der Zentralisierung („Shared Service Center“) und globaler Standardisierung zu sprechen. Das Ziel: Reduktion der Kosten. Gleichzeitig klagen Führungskräfte der gleichen Organisationen darüber, dass unternehmerische Initiative und Verantwortungsübernahme immer seltener anzutreffen sind. Die Notwendigkeit, sich permanent horizontal und vertikal abzustimmen, um zwecks „Synergie“ Ressourcen anderer Organisationseinheiten für die Umsetzung neuer Geschäftsideen frei zu bekommen, scheint schnell müde zu machen.
Immer dort, wo in der Wertschöpfungskette mehrere Geschäftseinheiten tatsächliche Überlappungen zu finden sind – im Einkauf, in der Entwicklung, der Produktion, im Vertrieb, aber auch in Supportprozessen – überall dort lohnt jedenfalls eine genaue Überprüfung möglicher Synergien. Es gibt aber eine ganze Reihe von „Synergy killers“ (Ausdruck von Campbell / Goold), die jeden gut gemeinten Versuch, mögliche Synergien zu nutzen, schnell ersticken lassen.
Einige Anmerkungen zu den häufigsten Synergie-Killern als Anregung:
Unklare Vorgaben der Unternehmensspitze: Österreichische Banken haben die Expansion nach Zentral- und Osteuropa lange mit hoher Betonung der Unabhängigkeit lokaler Banken gemacht. (Beispiel: Raiffeisen hatte lange den Slogan „Group of Banks“.) Auch wenn sich die Strategien verstärkt in Richtung „Banking Groups“ verändert hat, bleibt die Unternehmensspitze sehr zurückhaltend darin, Vorgaben zu machen, wo und wie die Kooperation zwischen lokalen Banken verstärkt werden soll.
Interne Konkurrenz, Wettbewerb, Konflikte, Misstrauen: Wenn verschiedene Unternehmensbereiche im internen Wettbewerb stehen, wenn Konflikte und Misstrauen das Kooperationsklima prägen, ist das Suchen nach Synergien meist aussichtslos.
Fehlende Transparenz, Geheimniskrämerei: Organisationen, die Daten z.B. über die Performance und strategische Vorhaben von Zweigstellen, Länderorganisationen, Divisionen intern nur sehr restriktiv veröffentlichen, vermindern die Chance für Synergie. Sichtbare Performanceunterschiede bei ähnlichen Voraussetzungen regen dazu an, Lösungen auszutauschen oder direkt zu übernehmen. Offenheit hinsichtlich konkreter Pläne (z.B. womit, wie und wann man welche neuen Märkte bearbeiten möchte) ermöglicht erst gemeinsame Aktivitäten.
Übertriebene Ergebniserwartungen: Zu hohe Zielvorgaben führen zu Abwehrhaltung gegenüber allen Aktivitäten und Ideen, für deren Umsetzung man auch von anderen abhängig ist. Übertriebener Ergebnisdruck führt fast immer zu starker Innenorientierung. Gift für Synergieprojekte.
Fehlender Ergebnisdruck: Die umgekehrte Situation, kein Ergebnisdruck, ist ebenso wenig hilfreich. Wer keinen Optimierungsdruck hat, wird Kooperation quer zu Organisationsgrenzen häufig meiden.
Dominant auftretende Zentralbereiche: Wenn Zentralbereiche versuchen, synergieorientierte Entscheidungen durch die Richtlinien und Verordnungen zu erzwingen, führt das häufig zu Gegenreaktionen. Es ist oft einfach zu beweisen, dass etwas „nicht zu Ende gedacht ist“ oder schlicht „nicht geht“, wenn man als Unternehmensbereich alle Stellhebel zur Umsetzung in der Hand hält…
Machen Sie selbst einen kleinen Check? Wie sieht es in Ihrer Organisation aus?
Literatur: Michael Goold/Andrew Campbell: Desperately Seeking Synergy; Harvard Business Review 1998.