06. Juli 15
Warum beschäftigen wir uns mit dem Thema "Organisationsdesign“?
Fritz B. Simon schreibt in diesem lesenswerten Buch Einführung in die systemische Organisationstheorie (erschienen im Carl Auer Verlag):
Personen, die Leitungsfunktionen in Organisationen innehaben, stehen vor der paradoxen Situation, dass sie für etwas Verantwortung zugeschrieben bekommen und bezahlt werden, was sie gar nicht können: Die lineare Steuerung der eigenen Organisation. Andererseits ist es aber nicht so, dass sie keinen Einfluss auf das Schicksal der künftigen Entwicklung ihrer Organisation haben.
Denn auch wenn eine Führungskraft nie direkt festlegen kann, wie die Mitglieder der Organisation handeln, so kann er über die Entscheidungsprämissen seiner Organisationseinheit entscheiden. "Entscheidungsprämisse“ meint, den Rahmen des autonomen Handelns der Organisationsmitglieder zu entscheiden bzw. festzulegen. Hellmut Wilke nennt das "Kontextsteuerung“.
Luhmann (2000) benennt vier Entscheidungsprämissen der Unternehmenssteuerung:
Quelle: Nagel, R., Organisationsdesign 2014
Programmentscheidungen
In sachlicher Hinsicht wird mit dieser Entscheidungsprämisse die programmatische Positionierung der Organisation entschieden: Wozu gibt es uns als Organisation? Mit welchen Aufgaben beschäftigen wir uns? Was ist unsere künftige Ausrichtung, die wir anstreben? Diese Führungsleistung nennen wir Strategieentwicklung.
Personenentscheidungen
Personen haben als Entscheidungsprämissen den Vorteil gegenüber Programmen, dass hier auf die Kopplung der Organisation mit psychischen Systemen (Personen) als Möglichkeit der Entscheidungsfindung gesetzt wird. Da nicht vorhersehbar ist, welche Fragen, Probleme und Herausforderungen auf die Organisation zukommen, kann auf Regeln (Programme) nicht dauerhaft gesetzt werden. Kompensiert werden kann dieser Mangel der Unvorhersehbarkeit durch das "Vertrauen“ zu Personen werden.
Entscheidungen über Kommunikationswege
Diese Prämisse beschäftigt sich mit den Prinzipien der organisatorischen Binnendifferenzierung: Welche Logik liegt unserer Organisation zugrunde? Welche Kooperationsmuster und Kommunikationswege ergeben sich daraus? Im Kern geht es bei dieser Entscheidungsprämisse um die Festlegung des Rahmens eines Organisationsdesigns.
Kultur als unentscheidbare Entscheidungsprämisse
Kulturelle Regeln entstehen nicht zweckrational sondern sie entwickeln sich evolutionär. Sie entstehen emergent und sind dennoch für das Handeln der Organisationsmitglieder von großer Bedeutung. Organisationskultur beeinflusst das tägliche Handeln erheblich, kann aber durch Führung nicht direkt entschieden werden. Es gibt niemanden, der entscheiden könnte, welche Werte und Normen gelten und dennoch stellen sie Entscheidungsprämissen für jene Mitglieder dar, die sich der Organisation zugehörig fühlen.
In der osb international haben wir uns in den letzten Jahrzehnten sehr intensiv mit den Entscheidungsprämissen Strategische Entscheidungen (=Strategieentwicklung) und Personenentscheidungen (Potentialdiagnose) beschäftigt. Die Entscheidung über Kommunikationswege (=Organisationsdesign) war ein Schwerpunkt unseres Center of Competences "Organisationsdesign“. Im Buch "Organisationsdesign“ haben wir uns mit dieser besonderen Entscheidungsprämisse beschäftigt. Also die Frage, welche Dimensionen im Rahmen eines Organisationsdesigns entschieden wird und wie ein Organisationsdesign diagnostiziert und weiterentwickelt werden kann.
Nagel, R: Organisationsdesign. Modelle und Methoden für Berater und Entscheider. Schaeffer Poeschel, 2014