23. Mai 23
What the ... is a Target Operating Model?
Topologie ist für Nichtmathematiker ein überraschendes Feld. Würfel und Kugel werden da nicht unterschieden. Mit ein wenig Dehnen, Zerren und Stauchen wird nämlich aus einer Kugel ein Würfel – und umgekehrt. Bei manchen Organisationmodellen, die zuerst extrem unterschiedlich aussehen, haben wir einen ähnlichen Eindruck. Auch sie könnten "homöomorph" – ineinander überführbar – sein. Was bei einem Modell "Struktur" bedeutet, heißt an anderer Stelle "Organisation", das Gleiche ist gemeint. Aber ist das wirklich so? Wir werfen hier einen Blick auf den Markt der "Target Operating Models".
Im Kern sind alle Operating Models Versuche, die verschiedenen Gestaltungselemente von Organisationen zu sortieren, beispielsweise durch die Aufteilung in Elemente wie Prozesse, Strukturen, Technologie, Personen, etc. Ein Target Operating Model ist dann ein angestrebtes Zielmodell der Organisiertheit, zu dem man sich aus dem aktuellen Operating Model hintransformieren möchte. Faktisch alle großen Beratungsfirmen werben damit, Unternehmen in der Entwicklung ihrer TOMs unterstützen zu können. Fast jede bietet dafür ein eigenes Modell mit unterschiedlichen Inhalten und spezifischen Nuancen.
Aus systemischer Perspektive fällt dabei besonders auf, dass schon die Unterscheidung zwischen Strategie, Organisation, Person sowie Führung und Kultur oft ignoriert wird. Natürlich stehen diese Themen miteinander in Verbindung – aber es ist nicht nur theoretisch richtig, sondern auch praktisch extrem hilfreich, wenn man diese Elemente gedanklich auseinanderhält.
Zwei Beispiele: Veränderungen im Produkt- und Leistungsportfolio über die Hintertüre von Organisationsveränderungen umzusetzen, ist nicht sinnvoll und meist auch nicht erfolgreich. Der richtige Stellhebel ist die Strategie, die Organisation folgt danach. Oder: Menschen sind für jede Organisation elementar. Schlecht gestaltete Operating Models (oder Organisationsdesigns) können aber dazu führen, dass auch die talentiertesten und motiviertesten Personen scheitern. Daraufhin neue Personen zu engagieren und zu hoffen, dass diese es richten, ist weder erfolgversprechend noch human. Hier gilt es bei der Organisation anzusetzen.
Der Organisationsdesign-Navigator der osb-i – unser Operating Model-Konzept – sieht Strategie ebenso wie die konkreten Personen daher nicht im Organisationsmodell selbst, sondern als eigene Sphären der Gestaltung und Entwicklung.
Der beste Start zur Entwicklung eines Target Operating Models ist eine Analyse des Kernwertschöpfungsprozesses der eigenen Organisation. Was sind die wichtigsten Arbeitsfelder? Wie soll der Kontakt zu Kund*innen gestaltet sein? Fast immer gibt es hier unterschiedliche Möglichkeiten der Gruppierung. Eine erste Skizze für ein Operating Model kann so aussehen.
Dieses Grundmodell gilt es dann auszugestalten. Wir nutzen dazu die sechs Kernelemente unseres OD-Navigators.
Die Kunst liegt darin, die einzelnen Elemente klug aufeinander abgestimmt auszugestalten. Prozesse und Strukturen, Governance Regeln und Entscheidungsformate, Personalsysteme und Infrastruktur.
Neugierig geworden? Melden Sie sich gerne.
Wie oben angeführt gibt es neben dem osb-i Operating-Model mit den Organisationsgestaltungselementen Struktur, Prozess, Verknüpfungen, Steuerung, Personalsysteme, Infrastruktur sowie Strategie und Führung als zentrale Kontextfaktoren eine Vielzahl von Varianten. Hier verlinken wir auf einige stärker rezipierte Modelle – und ein kleiner Kommentar hilft vielleicht bei der Orientierung (alle abgerufen am 6.4.2023):
Deloitte: Architecting and operating model
Anmerkung: Der Artikel fokussiert insbesondere auf die Transformation von einem Ist-Operating Model zu einem Target Operating Model. Während man das im Prozess beschriebene sequenzielle Vorgehen auch in Zweifel ziehen kann (Wie gestalte ich ein Business Model, ohne über Organisation / Operating Model, Prozesse und Technologien nachzudenken?), ist das Beispiel für ein Operating Model (Figure 2 auf Seite 4) eine gute Illustration.
KPMG: Target operating model
Anmerkung: Das KPMG-Modell ist ein schönes Beispiel für die recht willkürliche "Füllung" von Begriffen. Im Element "People" sind beispielsweise etwas überraschend Organisationsstrukturen mit gemeint, das "Service Delivery Model" als eigenes Element könnte man auch als Operating Model im Operating Model verstehen, etc. Hier waren offenbar IT-Transformationsprojekte der Ausgangspunkt und die Verallgemeinerung scheint nur begrenzt geglückt.
McKinsey: Hier gibt es nicht ein spezifisches TOM-Konzept, sondern eine Vielzahl von Konzepten. Vom HR Operating Model über das Merger Operating Model zum Next Generation Operating Model.
Ein weiterer interessanter Link ist der zu Andrew Campbells Blog an der Hult International Business School / Ashridge Executive Education. Campbell hat gemeinsam mit Gutierrez und Lancelott auch ein Buch zum "Operating Model Canvas" veröffentlicht.