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24. Januar 17

Zeit im Change: Chronos- vs. Kairos-Time

Der Zeitfaktor im Change-Management wird häufig zu wenig betrachtet, weil nur die rein planerische Komponente fokussiert und die Zeitdimension damit auf die technisch- funktionale Gestaltung einer Prozessarchitektur reduziert wird.  Aus unserer Sicht ist dies nicht ausreichend. Letztlich geht es in der Zeitdimension darum, eine flexible adaptive Dramaturgie eines Change-Prozesses zu ermöglichen, die Wirksamkeit oder zumindest eine valide Beobachtung der Change- Effekte in der Organisation erzeugen kann. Folgende Fragen spielen dabei eine zentrale Rolle:

  • In welcher zeitlichen Dynamik, in welchen Schritten soll der Prozess gesamthaft bewältigt werden? Wie kommt man dabei zu einer klug konzipierten und flexiblen Dramaturgie, die die evolutionären Kräfte im Prozess mobilisiert?
  • Wie kann das Situationspotential entdeckt und in die kontinuierliche Projektsteuerung einfließen?
  • Wie können die unterschiedlichen Zeithorizonte für die Bewältigung der unterschiedlichen Aufgaben synchronisiert werden? Was muss wie aufeinander aufbauen, um intendierte Wirkungen zu erzielen?
  • Wann erfolgt welcher Veränderungsschritt so, dass die betroffene Einheit die erforderliche Eigenzeit zur Implementierung und Festigung des Neuen besitzt?
  • Wie kann einer Change - Erschöpfung durch eine anschlussfähige Rhythmik von Be- und Entschleunigung vorgebeugt werden? Wann muss dafür ggf. welcher Schritt im Prozess zurückgestellt werden?
  • Was müssen wir aus der Vergangenheit des Umgangs mit Veränderungen lernen?

Im klassischen Projektmanagement werden jedoch häufig nur die verschiedenen Komponenten einer Veränderung auf einer chronologisch strukturierten Perlenschnur aufgereiht (Chronos-Time: meist Kommunikationsformate und Entscheidungspunkte in Monats- und Jahresverläufen). Soweit der Mainstream und meistens kommt es anders!

Interessant ist die Gegenüberstellung solcher Zeitverläufe mit den Ex-post Erzählungen zu Learnings oder Best Practices eines Changes aus der Sicht zentraler Akteure (Projektbeteiligte, Betroffene, Entscheider, …). Diese erzählen ihre Change-Geschichte meist nicht nach chronologischen Etappen, sondern nutzen vielmehr ihre Erinnerung an bedeutsame Ereignisse (Situationspotenziale, Kipp-Punkte in der Projekthistorie, zentrale Entscheidungen, überraschende Wendungen, emotionale Erlebnisse, …).

Diese Kairos-Time Perspektive (der richtige und wichtige Zeitpunkt) passt aus meiner Sicht viel besser zur Zeitbeschreibung einer Change-Initiative , weil sie sowohl das "Geworden-sein" einer Organisation, d.h. ihre spezifische Kultur und angestammten Verhaltensmuster, als auch die mit dem Change verbundenen Musterwechsel der Gegenwart und die Herausforderungen der nahen  Zukunft stärker integriert.

Die interessante Frage ist, ob man das auch umdrehen könnte und eine Change-Dramaturgie als Kairos-Time basierte Story vorweg erfinden kann?

Man kann: In der Arbeit mit verantwortlichen Führungskräften und Projektbeteiligten ist das eine sehr interessante Übung, weil diese vorab erzählten Geschichten viel mehr Emotionalität und relevante Betrachtungshintergründe ihrer Autoren verdeutlichen als deterministische Planungsverläufe, - auch wenn es hinterher dann wieder alles anders kommt.

Literatur:
Chapman, Steve: Can Scorpions smoke? Creative Adventures in the Corporate World, London 2014
Veil, Peter: Der Zeitfaktor im Change-Management. München 1999

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