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17. Dezember 24

Nachhaltigkeit verankern – mit systemischer und strategischer Klarheit

Nachhaltigkeit ist heute ein unverzichtbarer Bestandteil unternehmerischen Handelns. Regulatorische Anforderungen, steigende Erwartungen von Stakeholdern und die Dringlichkeit globaler Herausforderungen erfordern von Unternehmen nicht nur ein Bekenntnis zu nachhaltigem Wirtschaften, sondern auch eine wirksame Umsetzung. Doch wie gelingt es, Nachhaltigkeit tief in der Organisation zu verankern, ohne dass sie zu einem losgelösten Nebenschauplatz wird?

Die Antwort liegt in einem klaren, systematischen Vorgehen: Ein gemeinsames Verständnis dessen, was Nachhaltigkeit für die spezifische Organisation bedeutet, bildet die Grundlage für alle weiteren Schritte. Aus diesem Verständnis heraus können fundierte Entscheidungen getroffen und die richtigen Maßnahmen eingeleitet werden.

Ein systemischer Blick auf Organisation und Führung

Nachhaltigkeit betrifft nicht nur einzelne Unternehmensbereiche oder spezifische Funktionen. Sie ist eine strategische Herausforderung, die das gesamte Führungssystem, die gesamte Organisation einbezieht. Unser Ansatz basiert auf einem systemischen Organisationsverständnis: Entscheidungen zur Nachhaltigkeit müssen im Führungssystem verankert werden und von diesem getragen werden. Nur wenn alle relevanten Entscheidungsträger gemeinsam handeln, kann Nachhaltigkeit als strategische Leitlinie Wirkung entfalten.

Dieses breite Verständnis von Führung unterscheidet sich von dem verbreiteten Bild der "Chefsache". Es geht nicht um Top-Down-Durchgriffe, sondern um ein integriertes Zusammenspiel der Akteure in der Organisation, das Raum für unterschiedliche Perspektiven und Lösungen bietet.

Der Schlüssel: Ein spezifisches Verständnis von Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist ein komplexes Konzept. Für jede Organisation bedeutet sie etwas anderes, abhängig von ihrer Branche, ihrem Geschäftsumfeld und ihren internen Gegebenheiten. Der erste Schritt in unserem Ansatz ist daher die Entwicklung eines gemeinsamen Bildes: Was bedeutet Nachhaltigkeit konkret für diese Organisation? Und wie kann sie als strategisches Prinzip in die bestehende Struktur integriert werden?

Dieses Bild dient als "Kompass" für die weiteren Schritte. Es gibt Orientierung in einem Themenfeld, das oft von Spannungsfeldern geprägt ist – zwischen wirtschaftlichen Anforderungen, gesellschaftlichen Erwartungen und ökologischen Grenzen einerseits, aber auch zwischen dem, was die Organisation für wünschenswert hält und dem was sie verarbeiten kann.

Veränderungstiefe: Vier Optionen, die Organisation auf Nachhaltigkeit auszurichten

Nachhaltigkeit kann in unterschiedlicher Tiefe in eine Organisation integriert werden. Unser Modell unterscheidet vier zentrale Optionen, die von minimalen Anpassungen bis hin zur Transformation des Unternehmenszwecks (Purpose) reichen und Entscheidungsbedarf ausschildern. Diese Optionen sind nicht als starre Stufen zu verstehen, sondern als Spektrum möglicher Ansätze:

1. Regulatorische Transparenz:

Diese Option zielt darauf ab, die Einhaltung gesetzlicher Anforderungen und Berichterstattungspflichten sicherzustellen. Sie ist oft der erste Schritt, um das Fundament für Nachhaltigkeit zu legen. Unternehmen analysieren dabei, welche ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) relevant sind, und richten ihre Dokumentations- und Kommunikationsprozesse darauf aus. Ziel ist es, rechtliche Risiken zu minimieren und durch Datentransparenz eine Basis für mögliche weitere Maßnahmen zu schaffen.

2. Optimierung bestehender Maßnahmen:

Hier geht es darum, bereits bestehende Nachhaltigkeitsaktivitäten gezielt zu verbessern und stärker mit der Unternehmensstrategie zu verzahnen. Dies könnte beispielsweise die Steigerung der Energieeffizienz, die Reduktion von CO2-Emissionen oder die Optimierung der Lieferketten umfassen. Diese Option ist besonders geeignet, wenn erste Schritte bereits unternommen wurden und das Unternehmen aufbauend auf bestehenden Erkenntnissen und Prozessen weitere Fortschritte erzielen möchte.

3. Teil-Transformation:

Einzelne Geschäftsbereiche oder Produkte werden so umgestaltet, dass sie Nachhaltigkeitsziele klar unterstützen, während andere Bereiche vorerst unverändert bleiben. Diese Option eignet sich besonders für Unternehmen, die Pilotprojekte durchführen möchten oder in ausgewählten Bereichen Vorreiter sein wollen. Ein Beispiel könnte die Entwicklung einer nachhaltigen Produktlinie sein, um Marktpotenziale zu testen und die Akzeptanz von Veränderungen intern wie extern zu fördern.

4. Umfassende Transformation:

Diese Option schließt die Neuausrichtung des Geschäftsmodells ein, geht aber darüber hinaus. Sie umfasst den gesamten Unternehmenszweck, die strategische Ausrichtung und alle wesentlichen Geschäftsprozesse. Es geht darum, Nachhaltigkeit als zentralen Leitwert in die Unternehmensidentität einzubetten und darauf basierend eine kohärente Strategie zu entwickeln. Dies kann bedeuten, dass nicht nur Produkte, Dienstleistungen und Wertschöpfungsketten umgestaltet werden, sondern auch die Grundprinzipien, die das Unternehmen leiten, neu definiert werden. Ziel ist es, eine Organisation zu schaffen, die nicht nur auf Nachhaltigkeit reagiert, sondern aktiv zur Regeneration und positiven Transformation von Umwelt und Gesellschaft beiträgt.

Diese vier Optionen verdeutlichen, dass es keinen "One-Size-Fits-All"-Ansatz gibt. Vielmehr ist es entscheidend, die eigene Ausgangssituation zu kennen und bewusst über die Veränderungstiefe zu entscheiden.

Unser Ansatz für die Verankerung von Nachhaltigkeit in Organisationen: ein strukturierter Entscheidungsprozess in vier Schritten

In der ersten Phase unseres Ansatzes steht die fundierte Entscheidungsfindung im Mittelpunkt. Diese Phase umfasst vier Schritte, die eine systematische Orientierung ermöglichen:

1. Orientierung geben:

Im ersten Schritt wird ein gemeinsames Verständnis der Bedeutung von Nachhaltigkeit entwickelt. Dies umfasst auch eine erste Analyse der wichtigsten Stakeholder und deren Erwartungen. Dabei geht es darum, die Dringlichkeit und strategische Relevanz von Nachhaltigkeit klarzumachen und den "Case for Action" für das Unternehmen herauszuarbeiten.

2. Status quo erarbeiten:

Eine detaillierte Analyse der aktuellen Situation zeigt auf, wo das Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit steht. Dies beinhaltet auch eine grobe Wesentlichkeitsanalyse, um die wichtigsten Handlungsfelder zu identifizieren. Ziel ist es, Transparenz über vorhandene Maßnahmen, Lücken und Prioritäten zu schaffen.

3. Optionen entwickeln:

Auf Basis der Ausgangssituation und der Unternehmensziele werden mögliche Zukunftsoptionen skizziert und bewertet. Hierbei werden unterschiedliche Szenarien entwickelt, die jeweils die potenzielle Veränderungstiefe und die damit verbundenen Herausforderungen und Chancen aufzeigen.

4. Entscheidung treffen:

Der vierte Schritt dient dazu, die strategische Richtung festzulegen und das Führungssystem auf die gewählte Veränderungstiefe auszurichten. Es wird eine klare Zielsetzung formuliert, die von allen relevanten Akteuren getragen wird, um eine kohärente und wirkungsvolle Umsetzung zu ermöglichen.

Diese Phase schafft die Grundlage für die operative Umsetzung, die in der zweiten Phase des Ansatzes erfolgt. Sie ist jedoch mehr als ein Vorbereitungsschritt: Sie stellt sicher, dass alle Beteiligten hinter der getroffenen Entscheidung stehen und die nötige Orientierung gegeben ist.

Call-to-Action: Orientierung als Basis für nachhaltigen Erfolg

Nachhaltigkeit in einer Organisation zu verankern, ist eine anspruchsvolle, aber lohnende Aufgabe. Es erfordert klare Orientierung, systemisches Denken und fundierte Entscheidungen. Unser Ansatz bietet den notwendigen Rahmen, um diese Herausforderung strategisch anzugehen.

Sind Sie bereit, Orientierung für Ihr Unternehmen zu schaffen? In den nächsten Beiträgen dieser Serie vertiefen wir die einzelnen Schritte unseres Ansatzes und zeigen, wie Sie die ersten Meilensteine auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit erreichen können.

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