30. September 14
The Golden Circle - eine neue Managementmode?
Der "Golden Circle“ von Simon Sinek wird derzeit als ein beliebtes Erklärungsmodell für unterschiedlichste Organisationsphänomene gehandelt. 19 Millionen Besucher bei Youtube können nicht irren. In seinem Vortrag versucht Sinek zu vermitteln, dass erfolgreiche Führungspersönlichkeiten wie Martin Luther King, Steve Jobs oder die Wright-Brüder alle nach dem selben Muster handelten. Im Zentrum deren Wirkens stand die Frage nach dem "Warum“. Wer das "Why“ in den Mittelpunkt der Führungskommunikation stellt, dem gelingt es leichter, visionäre Vorhaben zu realisieren und die Mitarbeiter zu inspirieren.
Ohne Zweifel keine falsche Erkenntnis. Aber gleichzeitig ein gleichermaßen illustratives wie aktuelles Beispiel für eine typische Managementmode.
Prof. Alfred Kieser hat in einem lesenswerten Artikel die Zutaten einer Managementmode schon in den 90ern dekonstruiert. Für Kieser besteht eine Managementmode aus den folgenden "Zutaten“:
- Konzentration auf einen Schlüsselfaktor, dessen Anwendung als unausweichlich dargestellt wird und einen radikalen Bruch mit dem bisherigen Vorgehen bedeutet -> Das "Why“ bei Sinek.
- Mischung aus Einfachheit und Mehrdeutigkeit -> Legitimation durch Erkenntnisse der Hirnforschung.
- Große Herausforderung und Quantensprünge -> Statt kleiner operativer Schritte die Inspiration Vieler für die Umsetzung von wichtigen Vorhaben.
- Personifizierung auf erfolgreiche und bekannte Persönlichkeiten, deren Erfolg der Anwendung des Golden Circle zugeschrieben wird (Steve Jobs, Martin Luther King etc).
- Appell an zentrale Werte -> In diesem Falle die Suche nach und die Vermittlung des Sinns.
- Ein attraktives Buzzword (ein "Goldener Kreis“ kann nur etwas Magisches sein).
- Eine Arena mit mehreren Akteuren, die ein gemeinsames Interesse an neuen Themen vereint (Medien, Seminarveranstalter, Berater, Professoren, Verlage etc.) und die für deren Verbreitung sorgt.
Bei aller Kritik billigt Kieser einer Managementmode aber auch die Stiftung eines Nutzens zu:
- Eine Managementmode ist immer auch eine Antwort auf ein gesellschaftliches oder organisatorisches Problem. In diesem Falle der Rebalancierung technokratischer Managementtechniken durch die Sensibilisierung für die Sinnstiftung.
- Eine Managementmode stimuliert zu einer Auseinandersetzung mit dem eigenen Verantwortungsbereich. Sie erinnert das Management an Aufgaben, die es ohnehin zu erfüllen hätte.
- Schließlich entscheidet die reflektierte Anwendung darüber, ob eine Mode dem Unternehmen nützt oder schadet. "Am Ende ist es wie beim Kleiderkauf: Es geht um ein paar banale, aber entscheidende Fragen: Brauche ich das? Steht es mir? Passte es wirklich?“ (A. Kieser).
Daher können Sie ohne schlechtes Gewissen der 19.000.001te Besucher des TED-Vortrages sein ...